Das Mittelalter

Die Christianisierung

Mit dem Untergang des weströmischen Reiches um 476 nach Chr. begann der Aufstieg des Fränkischen Reiches. Zu dieser Zeit lebten östlich der Chatten die Thüringer und südlich die Alemannen. Außerdem wurden die Chatten im Norden von den Sachsen und im Westen von den Franken bedrängt. Die Chatten verbündeten sich mit den Franken, die unter Chlodwig im 5. Jahrhundert gegen die Sachsen zogen. Chlodwig ist mit seinem Volk im Jahr 498 geschlossen zum christlichen Glauben übergetreten. In der Zeit von ca. 600 bis 650 kamen irisch-schottische Missionare zu den Chatten und versuchten mit mehr oder weniger Erfolg die Christianisierung voranzutreiben. Sie sollten die heidnischen Plätze schonen, mit Weihwasser besprengen und einen Altar aufbauen. Es wird vermutet, dass sie auch in Ottrau einen Stützpunkt aufbauten.

Um 730 soll laut Überlieferung Bonifatius in Ottrau gewirkt haben. Er machte sich die bereits bestehende kirchliche Organisationsstruktur zunutze, verdrängte dabei nach und nach die iro-schottischen Mönche.

Die erste Erwähnung Otrahos

Brevarium sancti Lulli; ca 775 n. Chr.

Ausschnitt fotografiert im Museum Bad Hersfeld

Wüstungen

Appenrode

  • Zwischen Schönberg und Röllshausen
  • 1317 Appenrade

Bruchhausen

  • Zwischen Neukirchen und Nausis bei der Bruchmühle
  • 1556 Bruchusen

Damersbach

  • Zwischen Asterode und Nausis am Damersbach
  • 1330 Damirsbach

Erdmannshain

  • 1 km westlich von Hauptschwenda im Urbachtal
  • 1365 Ermuteshain

Fugenroth

  • Am schwarzen Wasser in der Gemarkung Berfa
  • 1580 Fuginroidt

Gerlachsdorf

  • Wüste Siedlung westlich der Straße von Ottrau nach Berfa; Flurname zu Gerlachsdorf (1712/13)
  • 1196 Gerlahesdorf (?)1
  • 1323 Gerlagisdorf2
  • 1323 verkauft Volpert Nodung Güter im Dorf Gerlachsdorf an die von Linsingen
  • 1449 Gerlachsdorff3
  • „Yn der dorfs wustenung und dorffmarkge zu Gerlachsdorf“ 14494
  • 1449 verpfändeten die Waltvogel und von Lüder vier Hufen zu Gerlachsdorf dem Treysaer Bürger Henne Molner
  • 1463 bekannte Hermann Molner, dass er die Güter Kloster Immichenhain verkauft hat
  • 1453-1587 war die Wüstung Gerlachsdorf landgräfliches Lehen der von Linsingen

Grenf

  • Am Bahnhof Ottrau an der Grenf
  • Erste Erwähnung 7755
  • 780/802 Grintahe6
  • 9. Jahrhundert Grintafo7
  • 1050/1150 Grintifa
  • Vermutlich im 12./13. Jahrhundert wüst

1 Vgl. Volze, Fritz (1977): Neukirchener Jahrheft, Heft 2
2 Vgl. Reimer, Ortslexikon, S. 166
3 Vgl. Volze, Fritz (1977): Neukirchener Jahrheft, Heft 2
4 Urkunde A II Kloster Immichenhain
5 Vgl. Volze, Fritz (1977): Neukirchener Jahrheft, Heft 2
6 Urkundenbuch Fulda I Nr. 438
7 Urkundenbuch Hersfeld Nr. 38

Gunzelrode

  • 1721Wüste Siedlung auf der Grenze der Gemarkungen von Ottrau und Görzhain am Leutschwasser nahe dem heutigen Forsthaus Görzhain; Flurname Guntzenrodt; das Guntzell Rodt Gud
  • 1364/67 Guntzilnrode1
  • 1364/67 gingen gräflich-ziegenhainische Einkünfte von Hufe und Wüstung zu
  • Gunzelrode an die Schlossküche in Ziegenhain
  • 1459 Gunzengerade
  • 1471 Günzelrode

Habernhausen

  • Zwischen Schrecksbach und Hattendorf, südlich des Schillingsgrundes

Hugerode

  • 1357 verlehnte das Kloster Immichenhain „ein Gut“, das gelegen war im Dorfe und in der Dorfmark zu Hugerode mit allem, das dazu gehöret, es seien Hufen, Höfe, Gärten, Holz, wobei Bewohner von Oberberfa und Ellingerode Zeugen waren. Auch gaben die von Rückershausen demselben Kloster 1388 ein Dorf zu Hugerode.

Ingebrechterode

  • Zwischen Hattendorf und Elbenrod
  • 1283 Ingebretterode

Kesingen

  • Südlich von Schrecksbach in der Kesinger Aue zwischen Furt- und Losemühle

Konrode

  • Südöstlich von Berfa
  • 1392 Cunrode

Kunegundenberge

  • Südöstlich von Schrecksbach im Nebental des Bodenbachs
  • 1367 Kunegundberge

Mohln

  • Hubener zu Sachsenhausen und Mohln wurden 1612 als Zubehör des Gerichtes Ottrau genannt.
  • 1612 wurde Mohln als Teil einer Hälfte des Gerichtes Ottrau von den Schleiher an Hessen verkauft.

Niederberfa

  • Am Unterlauf der Berfa, die heutigen Berfhöfe
  • 1282 inrerior Berfe Niederberphe

Niedernausis

  • Zwischen Bruchmühle und Neukirchen
  • 1308 Nieder Nuwisezi

1 S 635 ZU I

Nieder-Schorbach

  • Zwischen Steinmühle und Schorbach

Oberschrecksbach

  • An der Berfa zwischen dem Kodenhof und Eggenhof, südöstlich unter der Gonzenburg
  • 1309 und 1335 erwarb das Kloster Immichenhain Güter in villa superiori Srekisbach
  • 1367 bestand das Dorf noch, 1451 aber als wüst bezeichnet.

Pflumenbach

  • Zwischen Hattendorf und Elbenrod, bei Ingebrechterode 1294

Rommerode

  • Südlich der Straße von Ottrau zum Bahnhof Ottrau, an einem kleinen Bachlauf, der in die Grenf mündet
  • Flurname „Im Romrodt“
  • 1303: Runderode1
  • 1592: Rommetrode (Mercator)
  • 1302 verkaufte Antonia, Witwe Ditmar von Cruspens, Kloster Immichenhain Güter zu Ottrau und Rommerode2

Sachsenhausen

  • 1259; Ersterwähnung; Sassenhusen,
  • 1293; Saxenhusen
  • 1306 Sasenhusen3
  • nach 1367 Wüstung
  • Sachsenhausen lag zwischen Immichenhain und Kleinropperhausen/Schneid-Mühle,
  • Im 14. Jahrhundert wurden acht Einwohner und eine Mühle genannt, die zum Kloster Immichenhain gehörten. Die Feldmark Sachsenhausen kam 1544 als Wüstung an die „von Diede“ und wurde gegen Ende des 16. Jahrhunderts an zehn Bewohner von Immichenhain vermeiert, deren Nachkommen wurden noch in 1858 die „Sachsenhäuser“ genannt.4

Schelmingen

  • In einem südlichen Nebengrund des bei Schrecksbach mündenden Bodenbachs, südöstlich von Schrecksbach und westlich von Kleinropperhausen
  • Als die von Itter 1310 ein zu bona in Scemyngen sita
  • 1335 erwarb dasselbe Kloster Güter zu Schrexbach, Winderode; Gerhardshain et in Schelmingen sowie 1435 Güter zu Oberschrecksbach; Winderoda; Gerhardshain und zu Schelmingen gelegen.

Scheuersrode

  • Auf der nördlichen Abdachung des Bechtelsberges; Flurname Scheuersrode (Topographische Karte Kurfürstentum Hessen 1858)5
  • Erste Erwähnung 14716
  • Um 1580 erstreckte sich die Flur über die Gemarkungen Ottrau und Berfa.7

Urbach

  • Ober- und Unterurbach lagen am gleichnamigen Bach, Unterurbach nahe über Neukirchen, Oberurbach unterhalb Erdmannshain.
  • 1340 überließ das Kloster Immichenhain den Grafen von Ziegenhain Rechte zu Nydern Urbach und Lehen in der Urbach.

Waldenbach

  • Genaue Lage unbekannt, am Wallenbach nahe der Wüstung Sachsenhausen zu lokalisieren
  • 1360/67 Waldinbach8
  • 1518 Wallingebach9

Weidestatt

  • 1238 de Wedestat10
  • 1472 Weystad (Depos. von Dörnberg)
  • 1472 gaben die von Rückershausen ein Gut zu Weidestatt in Erbleihe.
  • 1490/91 hatte das Kloster Immichenhain Güterbesitz am Ort, den ein Bauer aus Lingelbach bestellte.

Westheim

  • In der Nähe des Sebbels11
  • Westheim iuxta Sibilen 103712
  • 1037 schenkte der Kleriker Wigger dem Kloster Hersfeld drei Hufen zu Westheim am Sebbel.13

1 Urkunde A II Kloster Immichenhain
2 Vgl. Volze, Fritz (1977): Neukirchener Jahrheft, Heft 2
3 Urkunde A II Kloster Immichenhain
4 Urkunde A II Kloster Immichenhain
5 Vgl. Volze, Fritz (1977): Neukirchener Jahrheft, Heft 2
6 Vgl. Landau: Hessengau, S. 138
7 Vgl. Reimer, Ortslexikon, S. 424
8 S 635 ZU IIa
9 Vgl. Landau, Hessengau, S 148
10 Urkunde A II Kloster Immichenhain
11 Vgl. Volze, Fritz (1977): Neukirchener Jahrheft, Heft 2
12 Vgl.Urkundenbuch Hersfeld Nr. 90
13 Vgl. Volze, Fritz (1977): Neukirchener Jahrheft, Heft 2

Der Hessengau und der erzpriesterliche Sprengel von Ottrau

Der Hessengau

  • Hundertschaft Maden oder der erzpriesterliche Sprengel von Fritzlar
  • Hundertschaft Kirchditmold oder der erzpriesterliche Sprengel von Kirchditmold
  • Hundertschaft Gensungen oder der erzpriesterliche Sprengel von Gensungen
  • Hundertschaft Brach oder der erzpriesterliche Sprengel von Brach
  • Hundertschaft Ottrau oder der erzpriesterliche Sprengel von Ottrau
  • Hundertschaft Bernegau oder der erzpriesterliche Sprengel von Mardorf
  • Hundertschaft Urf oder der erzpriesterliche Sprengel von Urf
  • Hundertschaft Bergheim oder der erzpriesterliche Sprengel von Bergheim
  • Hundertschaft Schützeberg oder der erzpriesterliche Sprengel von Schützeberg1

1 Vgl. Landau, Georg (1868): Beschreibung der deutschen Gaue; Zweiter Band, Beschreibung des Hessengau; Halle 1866; Verlag von G. Emil Barthel; Seite 124ff

 

 
 

 

 

Hundertschaft Ottrau oder der erzpriesterliche Sprengel von Ottrau

  • Die Mark von Oberaula

    • Das Gericht Oberaula

    • Das Gericht Schwarz

    • Die Mark Grebenau

      • Das Gericht Grebenau

      • Das Gericht Breitenbach

      • Das Gericht Lingelbach

  • Die Mark von Ottrau

    • Das Gericht Ottrau

    • Das Gericht Neukirchen

    • Das Gericht Schöneberg

  • Die Mark von Niederaula

    • Das Gericht Niederaula

    • Das Gericht Geisa
    • Das Gericht und die Stadt Hersfeld1

1 Vgl. Landau, Georg (1868): Beschreibung der deutschen Gaue; Zweiter Band, Beschreibung des Hessengau; Halle 1866; Verlag von G. Emil Barthel; Seite 124ff

 

Der Hessengau, nachdem die Mark Oberaula an Schlitz abgetreten wurde:

Um ca. 1100: Der Hessengau, nachdem der Sprengel Ottrau („XVI,9“) um die Mark Oberaula verkleinert worden war

Der Erzpriestersitz Ottrau nach dem Abtreten der Mark Oberaula

Karte des Archipresbyterats Ottrau (nach Classen, Wilhelm: „Die kirchliche Organisation Althessens im Mittelalter“, Tafel XVII)

„Nach der einen [Urkunde, Anm. d. Verf.] vom Jahre 1425 gehörten zur sedes Ottra, d. h. dem erzpriesterlichen Sprengel von Ottrau, die Kirchen in Hersfeld, (Nieder-) Aula, Schrecksbach, Schönberg, Mecklar, Obergeis, Eudorf und Kirchheim.“1

„Nach der anderen [Urkunde, Anm. d. Verf.] von 1505 gehörten zum Erzpriestersitz Ottrau die Kirchen in Ottera, Hersfeld, Niederaula, Schrecksbach, Obergeis, Eudorf, Schönberg, Asbach und Neukirchen. Das Dekanat Ottrau umfasste also ungefähr dasselbe Gebiet wie das ursprüngliche Kirchspiel Ottrau nach dem Verluste an Schlitz.“2

1 Wagner, Wilhelm (1982): Geschichte von Ottrau und Kleinropperhausen; 2. Auflage; S. 62
2 Ebd.

(Uns bekannte) Ottrauer Erzpriester

um 1300 Ludewicus, Archipresbiter sedid in Ottera“
d. h. Ludwig, Erzpriester des Stuhles in Ottrau

um 1431 „Johann Dagmarshusen, erzeprister des Stuhles zu Ottra“
nebenbei noch Pfarrer in Kerspenhausen
außerdem nicht nur verheirateter katholischer Pfarrer, sondern sogar
verheirateter Erzpriester

um 1461 Johannes Bornysen (Burneisen)
nebenbei Pfarrer in Ottrau und Neukirchen1

um 1529 Valentinus
Letzter Erzpriester und erster evangelischer Pfarrer in Ottrau2

1 Wagner, Wilhelm (1982): Geschichte von Ottrau und Kleinropperhausen; 2. Auflage
2 Murhardsche Bibliothek (2011): Alchemie am Kasseler Hof. Valentinus war W. Wagner unbekannt

Die älteste noch original erhaltene Urkunde, in der Ottrau erwähnt wird

Kurzbeschreibung der Urkunde

Mainz 1057 August 27

Erzbischof Luitbold schloss einen Vergleich mit Abt Meginher von Hersfeld, durch den die seitens der Mainzer Kirche geforderten Sentabgaben von den Zehnten der Kirchen Laubach, Ottrau, Grebenau und Grüßen und alle Ansprüche auf Hersfeld beendet wurden.

Foto: Staatsarchiv Marburg

Die Kirche in Ottrau

„Von der um oder vor 800 genannten Kirche finden sich heute keinerlei sichtbare Spuren mehr, die Vermutung, es könne sich hierbei um eine Holzkirche (Fachwerkkirche) gehandelt haben, ist daher durchaus wahrscheinlich, da aus dieser Zeit mehrere derartige Kirchen an anderer Stelle in Hessen belegt sind. Die heutige im Kern noch spätromanische Anlage wurde im Dreißigjährigen Krieg stark zerstört und verändert wieder aufgebaut. Wir sehen außen einen dreiseitigen Chor, der innen jedoch halbrund schließt, dieser Chor war ursprünglich auch einmal gewölbt und ist jetzt allerdings mit einer Flachdecke geschlossen, er stammt noch aus früherer Zeit, nämlich aus der Zeit um 1200. Im Chor sehen wir die alten, schmalen, rund- und spitzbogigen Fenster, die deutlich an die Kirche auf dem Schönberg bei Röllshausen erinnern. Von dem ehemaligen Chorboden sind nur die Wandpfeiler mit den Kämpfern erhalten. Das erheblich höhere Kirchenschiff stammt in seinem östlichen Teil aus dem Viertel des 13. Jahrhunderts. An der Südseite hat sich ein originales, an der Westseite ein wiederverwendetes Lanzettfenster erhalten. Wir sehen weiterhin, dass dieser Teil einmal gewölbt war – oder aber gewölbt werden sollte, es haben sich die beiden östlichen dreifachen Eckdienste erhalten, sie haben gute Kelchknospenkapitelle. Oberhalb der Decke finden sich übrigens auch noch Reste der ehemaligen Schildbögen.“1 Der größere westliche Teil des Schiffes stammt aus dem 15. und dem 17. Jahrhundert, hierbei wurden offenbar ältere, spätromanische Werkstücke wiederverwendet. An der Nahtstelle der beiden Bauteile, innen ein hölzerner Triumphbogen aus dem 15. Jahrhundert, dessen Unterteil 1962 massiv ersetzt wurde. Die etwa zwei Meter unterhalb der Mauerkrone eingezogene Balkendecke mit Längsunterzug auf Holzpfosten stammt aus dem 17. Jahrhundert. An der Nordseite befand sich eine Sakristei, ein ehemals niedrig gewölbter Anbau, Reste davon sind außen am Mauerwerk noch sichtbar. Die Haubenlaterne an der Giebelseite der Kirche wurde im 18. Jahrhundert im Stil der Zeit, als sogenannte welsche Haube, aufgebracht. Im Inneren sehen wir im Chor die 1962 freigelegten Wandmalereien, wohl aus der Mitte des 13. Jahrhunderts.

Zwischen den Fenstern ehemals vier stehende Figuren, die schlecht zu deuten sind, links Verkündigungsengel, ganz rechts möglicherweise die hl. Katharina. Ein Wandtabernakel (Sakramentsnische) nach seiner Inschrift und nach den stilistischen Merkmalen aus dem Ende des 14. Jahrhunderts. Inschrift „Tilomanus“ (Tilmann war Pfarrer in Ottrau um 1395). Die Wandmalereien wurden während des reformierten Bildersturms um 1600 nicht nur übertüncht, es wurden auch Teile regelrecht ausgekratzt, auch an der Sakramentsnische wurden, zur gleichen Zeit, Teile abgemeißelt. Zu den sonst noch bemerkenswerten Teilen der Innenausstattung gehören der Kanzelkorb und die Orgel. Der Kanzelkorb ist aus Holz, mit reicher Flachschnitzerei, er stammt aus dem Jahre 1544 von einem Meister J.T., die stattliche Orgel ist von Joh. Schlottmann und stammt aus den Jahren 1754-57 und ist leider 1962 verändert worden. Von dem bedeutenden Orgelbauer Joh. Schlottmann stammen auch die Orgeln in Angerbach, Friedewald, Fritzlar, Hönebach, Niederaula, Schrecksbach, Spangenberg, Spieskappel und Willingshausen. Ein eigenartiges Wandgrabmal (Epitaph) fällt noch ins Auge, es ist in der Form einer monumentalen Sakramentsnische errichtet mit Zinnen und Kielbogen, eben den Merkmalen der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Wohl anstelle des ursprünglichen Standbildes des Verstorbenen ist heute der etwas derbe Grabstein des Otto Hellwig Schleyer zu Scheffelbach, gest. 1604, zu sehen. Zu den Kirchengeräten gehört ein Kelch, Kupfer vergoldet, aus dem 16. Jahrhundert.2

Das Pfarrhaus ist ein Fachwerkhaus aus dem 17. Jahrhundert. Bemerkenswert ist noch das alte ehemalige Burghaus der von Schwertzell, „Alte Burg“ genannt, ein spätmittelalterlicher Steinbau.

Zeitzeugen berichten, dass in der Kirche ein unterirdischer Geheimgang vorhanden war, der beginnend unter dem Grabstein des Otto Hellwig3 unter dem Rittergut derer von Rückershausen (heute Garten Merle bzw. Billing) hindurch zur Burg geführt haben soll. Dieser Ausgang wurde laut Hans Euler mit Beton verschlossen.

Die Burg war früher, genau wie die Kirche, viel größer. Im Krieg hatten die Franzosen beides angesteckt.4 Die Burg war eine Wasserburg und da die Otter zu wenig Wasser führte, wurde diese westlich von Ottrau in den „Wallwiesen“ gestaut. Bei Gefahr, die der Burgscheller melden sollte, wurden die Gräben um die Burg von dem gestauten Wasser geflutet. Der Standort des Burgschellers war bei der Mündung der Otter in die Grenf.

1 Dehio, Georg (1982): Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Hessen. Bearb. v. Magnus Backes; München; S. 714f
2 Ebd.
3 O-Ton Heinrich Stein: „selbst gesehen“.
4 Quelle: Johannes Ploch.

Sakramentsnische aus dem Jahr 1395; gespendet vom damaligen Pfarrer Tilemannus (siehe auch Inschrift)
Mittelalterlicher Abendmahlskelch
aus „Gemeinde-Info“ (der Kirchengemeinden) 2012 (1. Quartal)
Kanzel der Ottrauer Kirche mit der Jahreszahl 1544

Das Gericht zu Ottrau

  • „Gerichtherrschaft auf der Grundherrschaft des Kloster Hersfeld erwachsen.
  • 1343 wird den von Rückershausen 1 Drittel des Gerichts Ottrau vom hersfeldischen Manngericht zuerkannt. Lehnsverhältnis aber wohl schon 1302 bestehend
  • Seit 1366 ist das gesamte Gericht Ottrau hersfeldisches Mannlehen der beiden Linien von Rückershausen. Es wird zeitweise ganerbschaftlich1, zeitweise auch in getrennten Hälften verwaltet.
  • 1551 stirbt mit Helwig von Rückershausen eine der beiden Linien aus.
  • 1552 erreicht Hartmann Schleier als dessen Schwiegersohn von Hersfeld die Belehnung mit der bisherigen Hälfte des Helwig von Rückershausen.
  • Als 1576 die andere Linie der von Rückershausen ausstirbt, werden Dorothea, die Tochter des letzten von Rückershausen, und ihre männlichen Nachkommen (von Schwertzell) belehnt.
  • 1606 verkauft Christian Schleier seine Gerichthälfte an die Landgrafen. Bis dahin wurde die Gerichtsbarkeit von den Schultheißen2 der Schleier und von Schwertzell gemeinsam ausgeübt.
  • Seit 1606 wird zunächst der bisherige Schultheiß der Schleier vom Landgraf mit der Weiterführung seiner Funktion in hessischen Diensten betraut, seit 1632 wird das Amt in Personalunion vom Schultheißen des Amtes Neukirchen versehen.
  • Das Gericht Ottrau war von 12 Schöffen besetzt (4 aus Ottrau, 2 aus Kleinropperhausen, 6 aus Berfa und [Wüstung] Sachsenhausen).
  • Den Vorsitz im Gericht führte bis 1632 abwechselnd der Schultheiß der von Schwertzell und der Schleier (seit 1606 in landgräflichen Diensten), seit 1632 allein der landgräfliche Schultheiß.
  • Die Kompetenz des Gerichts umfasste offenbar bis um 1580 die hohe und niedere Gerichtsbarkeit (Blutgerichtsbarkeit durch die Junker 1569 letztmals belegt). Seit dieser Zeit übten die Gerichtsjunker nur noch die Patrimonialgerichtsbarkeit, die Landgrafen die Blutgerichtsbarkeit aus.“3

1 HM: Erbe als gemeinsames Familienvermögen
2 HM: Ein Schultheiß ist der Beamte, der im Auftrag seines Herren die Abgaben einzieht – der „Schuld heischt“
3 „Ottrau, Schwalm-Eder-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/4696> (Stand: 11.11.2014)

Die Rebellen vom Bechtelsberg

Das Trillerhaus

Das Trillerhaus

Foto und Beschreibung: Museum Burg Waldeck:

Das Drillhaus (HM: auch Trillerhaus u. ä.), bis zum Jahre 1806 im Waldeckerland weit verbreitet und als drehbarer Holzkäfig im Gebrauch, konnte von allen Dorfbewohnern nach Belieben gedreht werden. Das führte bei den Geplagten zu starkem Erbrechen und Gleichgewichtsstörungen, die nicht selten bleibende gesundheitliche Schäden hinterließen.“

Mit dem Trillerhaus wurden kleinere Vergehen wie Gartendiebstahl und Beleidigung bestraft, danach wurde dann der Schandpfahl für diese sogenannten Ehrenstrafen genutzt.