1. Vorwort

Nach der Veröffentlichung meines Buches im Jahre 2017 habe ich weiter nach Informationen über die Geschichte unserer Gemeinde geforscht und bin auch fündig geworden.

Diese neuen Informationen sind in diesem Heftchen aufgeführt.
Ungeklärte Positionen sind in roter Farbe hinterlegt.

gez.: Harald Mai, Ottrau im Herbst 2019

2. Der Erzpriestersitz Ottrau

Es wird von Historikern angenommen, dass schon in der Zeit ab ca. 600 iro-schottische Missionare in unserer Gegend waren und auch in Ottrau einen Stützpunkt aufbauten um die Christianisierung der Chatten (Hessen) voranzutreiben. Dabei hatten sie die Aufgabe, die heidnischen Plätze zu schonen, diese mit Weihwasser besprengen und einen Altar aufzubauen. Dieses Vorgehen war nicht immer vom Erfolg gekrönt.

Der Sage nach soll dann um 730 Winfried Bonifatius in Ottrau gewesen sein und verdrängte mit seiner Art – großes Gefolge (militärischer Schutz) und dem Fällen der heiligen Eichen – die iro-schottischen Mönche.

Gegen einen 100% Wahrheitsgehalt spricht, es ist nur eine Sage, nur eine mündliche Überlieferung.

Dafür aber sprechen:

  • Die Bonifatiuseichen auf der Bonifatiuswiese am Sebbel
    • Eichen können 800 Jahre und älter werden. Unsere Bonifatiuseichen wurden im Jahre1885 gefällt und in 1914 wurden an gleicher Stelle 2 neue gepflanzt.
  •  das Ottrau schon 1057 als Mutterkirche dokumentiert ist
    • Als „ecclesia mater“ die älteste Taufkirche zwischen Schwalm und Fulda im Bereich des südlichen Knülls;
      die iro-schottischen Mönche und auch Bonifatius missionierten an Orten, die zu ihrer Zeit schon religiöse Zentren waren, was für Ottrau zutrifft.
  • das Ottrau ein Erzpriestersitz war!
    • Im damaligen Hessengau gab es 9 erzpriesterliche Sprengel: Fritzlar (Fällung der Bonifatiuseiche bei Geismar), Kirchditmold, Gensungen, Braach, Mardorf, Urf; Bergheim, Schützfeld und Ottrau.

Wilhelm Wagner führt 1914 in seinem Heft über die Geschichte von Ottrau und Kleinropperhausen Belege für den Erzpriestersitz Ottrau auf. Unter Anderem beschreibt er auf Seite 62 (in der 2. Neuauflage von 2017 auf Seite 41) folgende Urkunden, die er im Marburger Staatsarchiv gefunden hatte:

„Nach einer Urkunde aus dem Jahre 1425 gehörten zur sedes Ottra, d. h. dem erzpriesterlichen Sprengel von Ottrau, die Kirchen in Hersfeld, (Nieder-) Aula, Schrecksbach, Schönberg, Mecklar, Obergeis, Eudorf und Kirchheim.“

„Nach einer weiteren Urkunde von 1505 gehörten zum Erzpriestersitz Ottrau die Kirchen in Ottera, Hersfeld, Niederaula, Schrecksbach, Obergeis, Eudorf, Schönberg, Asbach und Neukirchen.

Auch kannte Wilhelm Wagner die Existenz von drei Ottrauer Erzpriestern (Seite 63, in der 2. Neuauflage Seite 42f):

um 1300 gab es einen „Ludewicus, Archipresbiter sedid in Ottera“, das heißt Ludwig, Erzpriester des Stuhles in Ottrau;

um 1431 „Johann Dagmarshusen, erzeprister des Stuhles zu Ottra“. Johann Dagmarshusen war nicht nur Erzpriester in Ottrau, sondern nebenbei noch Pfarrer in Kerspenhausen. Wohl einmalig im Mittelalter war, dass dieser katholische Pfarrer und Erzpriester eine Ehefrau hatte.

Erzpriester um 1461 war Johannes Bornysen (Burneisen), nebenbei Pfarrer in Ottrau und Neukirchen;

Vor einigen Jahren gab es durch den Fund eines Buches aus dem Jahre 1529 den Hinweis von einem weiteren Erzpriester, dies war der Verfasser des Buches: Valentinus, letzter Erzpriester und erster evangelischer Pfarrer in Ottrau.
Das Buch befindet sich in der Murhardschen Bibliothek in Kassel und über den Link: Alchemisch-medizinisches Hausbuch des Erzpriesters/Pfarrer Valentinus aus Ottrau (1529):

https://orka.bibliothek.uni-kassel.de/viewer/image/1347346981575/1/

kann man in dem gesamten Buch blättern, lesen und sich die zahlreichen von Valentinus gemalten Bilder anschauen.

Ich habe jetzt durch stöbern in alten Registern und Urkunden noch zwei Erzpriester ausfindig gemacht: das war zum einen um das Jahr 1295, Konrad, Erzpriester in Ottrau (Otthera), nachzulesen in den Landgrafen-Regesten online Nr. 374

https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/374;

und zum anderen
1366 Tillmann von Kirchhain, Erzpriester des Stuhls zu Ottrau; nachzulesen in einer Urkunde im Hessischen Staatsarchiv (Hess. Staatsarchiv; Urkunde 31 Nr. 182; Kloster Immichenhain)

Tillmann, auch Thilemann oder Tilomannus von Kirchhain, war mir bisher nur als Pfarrer von Ottrau (und Neukirchen) bekannt. Von ihm stammt auch die Sakramentsnische mit der heute noch sichtbaren Aufschrift „Tilomannus“ in der Ottrauer Kirche.

Schriftzug "Tilomannus" auf der Sakramentsnische

3. "von Otthera", eine Ottrauer Familie

3.1. Volpert von Ottera ("Volpertus de Ottera")

Bekannt war uns Ottrauern der Ritter Volpert von Ottera, der wie Wilhelm Wagner in seiner „Geschichte von Ottrau und Kleinropperhausen“ schreibt, zu hohen Ehren gekommen ist:

„…Auf den festen Boden urkundlich bezeugter Tatsachen gelangen wir erst im 13. Jahrhundert. Damals war Ottrau als Hersfeldisches Lehen im Besitz eines Rittergeschlechts, das sich nach seinem Wohnsitz „von Ottera“ nannte. Ein Sohn dieser Familie, Volpert von Ottera, brachte es zu hohen Ehren im Dienste des deutschen Ordens, jenes geistlichen Ritterordens, der 1190 zu Akka (Akka, arabisch für Akkon, eine Hafenstadt im Nordosten des heutigen Israel) in Palästina zwecks der Verpflegung kranker Pilger und der Verteidigung des heiligen Landes gestiftet war.

1235 war Volpert von Ottera noch einfacher „Bruder“ im Hause des deutschen Ordens zu Marburg. 1240 finden wir daselbst in der Stellung eines „Syndikus oder Prokurators“. 1250 ist er gar der Landkomthur der Ballei Hessen, d.h. das Oberhaupt aller Häuser, die der Orden in Hessen besaß. In welchem Ansehen dieser Ottrauer Ritter stand, geht auch daraus noch hervor, dass er 1250 die Herzogin Sophie von Brabant, die Tochter der heiligen Elisabeth und Mutter Heinrichs I. von Hessen auf die Wartburg begleitet. Wahrscheinlich war er 1252 – 1257 als Volpert von Marburg Bischofsvogt von Samland und Kurland.“ (Die Nachrichten über Volpert findet man bei Wyß, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei Hessen)

3.2. Die Ottrauer Burg

In Ottrau in der Burggasse 12 befindet sich im alten Ortskern, nördlich der Kirche, die Ottrauer „Burg“.
Das ist ein ehemaliger Burgsitz, ein spätmittelalterlicher rechteckiger Steinbau mit Eckquaderung und Werksteineinfassung der Fenster.
Bis zum 13. Jahrhundert soll die Burg von der Familie von Ottera erbaut und bewohnt worden sein.
Am 30. Januar 1308 taucht noch einmal in einer Urkunde ein Gunther von Ottrau als Zeuge auf (HStAM; 31 Nr. 50).
Ab 1302 haben die Herren von Rückershausen dort ihren Sitz gehabt

(www.alleburgen.de/bd.php?id=14471).

Ende des 15. Jahrhunderts wurde dann das heutige Burghaus errichtet.
Die Burg war früher viel größer, aber im Krieg hatten die Franzosen die Burg und die Kirche in Brand gesetzt.
Die Burg war eine Wasserburg und da die Otter zu wenig Wasser führte, wurde diese westlich von Ottrau in den „Wallwiesen“ gestaut. Bei Gefahr, die der Burgscheller melden sollte, wurden die Gräben um die Burg von dem gestauten Wasser geflutet. Der Standort des Burgschellers war bei der Mündung der Otter in die Grenf.

Die „Ottrauer Burg“, von Norden; Aufnahme Harald Mai; 17.11.2019
Die „Ottrauer Burg“, von Süden; Aufnahme Harald Mai; 17.11.2019

3.3. Das Wappen derer von Otthera

Cirka 200 Jahre später taucht eine weitere Familie von Otthera/Otteraw/Ottra in alten Dokumenten unserer Region auf.
Der Familie werden folgende Wappen zugeordnet:

Das Wappen auf dem sogenannten Ottrau Epitaph in Butzbach:
erkennt man hier eindeutig einen Fischotter mit einem Fisch im Maul!

Auch das Wappen der Mühlhäuser „von Otthera“ zeigt einen Fischotter in deren Wappen

Das Wappen auf dem sogenannten Ottrau Epitaph in Butzbach
Das Wappen der Mühlhäuser von Otthera

Aus Mühlhäuser Wappenbuch; Seite 12

Zugeordnet: Johann von Otthera (geb. 1480); dessen Ehefrauen Dorothea, geborene Ziegler und Dorothea, geborene Hirsberg; Johanns Sohn Wilhelm (Ratsherr 1568-1596); und den Enkeln von Johann Hans Wilhelm (Stadtfähnrich, gestorben vor 1614) und Johann Georg (Stadtphysikus, Ratsherr 1627; gestorben am 9.5.1653), wobei das linke Wappen in den Grundfarben an die Farben der Grafschaft Ziegenhain erinnern, zu der Ottrau ja zu jener Zeit gehörte.

Auch Fritz Dreiheller (Johann von Otthera – Der Retter der thüringischen Stadt Mühlhausen im Bürgerkrieg) geht von Ottrau als Ursprung der Familie von Otthera aus. Er führt aus, dass die Schreibweise derer von Otthera genauso ist, wie die von Ottrau zu jener Zeit. Außerdem findet er bei den Farben im Wappen derer von Otthera, die Farben der Grafen von Ziegenhain. Zu jener Zeit gehörte Ottrau zur Grafschaft Ziegenhain.

Der Name Ottrau stammt aus dem keltischen und lautete ursprünglich Ottraha und bedeutet Otterwasser, d. h. einen Bach, worin sich zahlreiche Fischotter tummeln. Außerdem lautet die Grabschrift von Christoph von Otthera (gest. 1563): „Otthera, dem die Herkunft des Stammes den Namen gab“. Von dieser Familie findet man Informationen in alten Dokumenten vom 15. bis 17 Jahrhundert.

Wappen der Grafen von Ziegenhain

3.4. Von Heinrich bis Dr. Johann von Otthera

An erster Stelle erscheinen ein Heinrich von Otthera und dessen Sohn Cord von Otthera (1440 bis 1493).

Cord (Conrad) von Otthera war zwei Mal verheiratet. Mit Gela Bock (1445 – 1498), Tochter von Johannes Bock, hatte Cord den Sohn

  • Heinrich, 1484 in Erfurt.

Aus der zweiten Ehe, mit Katharina Ziegler (1441 – 1488), Tochter von Curt Ziegler und Ehefrau Margarethe Hochhertz gingen die Kinder

  • Ehle (Eyle) Moer, *1466 in Erfurt, verheiratet mit Heinrich Schreppher;
  • Claus, *1468 in Erfurt
  • Gottfried, *1470 in Erfurt, +1501;
  • Margarethe (Griethe), *1474 in Erfurt, +1538; verheiratet mit Hunold Bock;
  • Nese, *1478, verheiratet mit Johann Gerlach;
  • Johann, *1480 in Mühlhausen, +1547 in Fulda und
  • Adolar (Adolarus Otterer), *1482 in Erfurt, dem Begründer der schlesischen Linie.

Cord von Otthera war ein Erfurter Kaufmann, der im Handel mit Waid, einer durch Indigo abgelösten Färberpflanze, reich geworden ist. Er machte in 1488 sein Testament und müsste vor dem Jahre 1493 gestorben sein.

Dr. Johann von Otthera, Sohn des Cord von Otthera, wurde 1480 in Erfurt geboren, heiratete mit 26 Jahren Katharina Dorothea Ziegler (geboren 1485 in Erfurt, Eltern Eoban Ziegler und Dorothea Ziegler, geborene von Urbach; man beachte die Namensgleichheit mit der Mutter) und hatte mit ihr mindestens 8 Kinder; unter Anderem

  • Anna, *1508 in Mühlhausen,
  • (Franziska)/Franziskus, *1510 in Mühlhausen, + in Fulda
  • Adolarius, *1512 in Mühlhausen, +1543 in Mühlhausen;
  • Claus (Nicolaus), *1514 in Mühlhausen, +1540 in Mühlhausen;
  • Catharina, *1515 in Mühlhausen
  • Christoph, *1517 in Mühlhausen, +1563, dem Begründer der hessischen Linie und
  • Wilhelm, *1528 in Mühlhausen, +1600 in Arnstadt.
  • Dorothea

Aus zweiter Ehe mit Dorothea, ca. 1501 mit Familiennamen Tennstedt oder Hirsberg (laut Mühlhäuser Wappenbuch)? geboren; ging Blasius (hatte 1 Tochter mit dem Namen Barbara) hervor. Der fuldische Keller- und Amtsverweser

  • Blasius von Otthera, Hammelburg, wird in einer Urkunde vom 11.10.1570 (Hochstift Fulda) bei einem Schiedsspruch wegen Weiderecht erwähnt. Blasius wurde 1531 in Mühlhausen geboren und starb 1576 in Fulda.

Weitere Daten im Leben des Dr. Johann von Otthera waren

  • 1497 in Basel zum Bakkalar beider Rechte promoviert,
  • 1499 immatr. in Bologna,
  • 1513 Doktor in Erfurt,
  • seit 1518 bestellter Rat und Diener von Haus aus (beim Hofgericht) Landgraf Philipps des Großmütigen von Hessen,
  • 1522 und später in Mühlhausen, u.a.
  • 1525, 1527 Schultheiß in Mühlhausen, hier war er der Gegenspieler von Thomas Müntzer,
  • 1528 dort als alter Schultheiß bezeichnet,
  • 1528 Beisitzer am hessischen Hofgericht,
  • 1535 fuldischer Rat und Kanzler; Er starb 1547 im Alter von 67 Jahren.
Bild (Öl auf Leinwand; 245 x 360 cm) von Wilhelm Otto Pitthahn „Thomas Müntzer setzt den Ewigen Rat ein – 1525“
Johann von Otthera; aus „Hessische Heimat“; Heft 4/1970; Titelblatt gezeichnet im Jahre 1536 von Hans Brosamer (geb. 1495 in Fulda; gest. 1554 in Erfurt)

3.5. Die hessische Linie

Von Christoph von Otthera (*1517 in Mühlhausen, +1563), verheiratet mit Apolonia Ziemblich“, sind 2 Kinder bekannt. Das ist zum einen seine Tochter Barbara (*1563, *1.10.1626), verheiratet mit dem Marburger Bürgermeister Wiegand Happel (Trauung am 8.7. 1579 in Hammelburg) und zum anderen sein Sohn Jacob von Otthera. Fritz Dreiheller zählt die Tochter Barbara nicht mit auf, dafür neben Jakob die Kinder Rudolf (siehe „3.11. Weitere Otthera“, ab Seite 24), Adolf (dito) und Katharina.
In einer Urkunde (Hessisches Staatsarchiv; Marburg; Urkunde 75 Nr. 1545) wird beschrieben, dass ein Christoph von Ottrau (Christoferi ab Otthera) in einer freiwilligen „Resignation“ auf das Amt des „Vikarie“ zu Gunsten seines Bruders Wilhelm verzichtet. Die Vikarie ist das Vermögen, das für den Unterhalt eines Priesters vorgesehen ist. Man geht daher davon aus, dass Christoph wegen seiner Heirat darauf verzichtete. Christoph von Otthera war Notar und Guntersblumer Gerichtsschreiber. Er starb im Dezember 1563 in Oppenheim.

Jacob von Otthera wurde 1550 in Oppenheim geboren. Aus seiner Ehe mit Margarethe Eyteleisen (*1556 in Butzbach) stammten 5 Kinder. Das waren:

  • Nicolaus, *1576 in Butzbach, +1625
  • Daniel, getauft am 16.11.1578 in Oppenheim; Pate Daniel Glanz, Dalbergischer Rektor in Oppenheim
  • Johann Jacob, *1580; starb an Schwindsucht
  • Johann Christoph, *1584; +Dezember 1620, er war mit der Witwe Agnes Frosch geborene Stalburg, verheiratet und
  • Anna Maria

Seine 2. Ehefrau, Trauung am 19.12.1586 in Butzbach, war Margarethe Heß. Ihnen wurden folgende Kinder geschenkt:

  • Johann Heinrich, *ca. 1587
  • Anna Barbara, getauft am 28.6.1588 in Friedberg. Sie heiratete am 11.6.1604 in
    • Butzbach den Herrn Georg Bell zu Butzbach
  • Anna Apolonia, *28.6.1596 in Eppstein, +13.2.1662 Burg Schwalbach
    • weiter unter V4, Seite 164

Jacob von Otthera, Jurist und fürstlich hessischer Amtmann der Herrschaft Eppstein, starb im März 1613 als er bei einer Dienstreise nach Alsfeld in der Hochwasser führenden Felda ertrank.

Nicolaus von Otthera erblickte 1576 in Butzbach das Licht der Welt. Er heiratete Benigna von Offenbach, die 1580 in Augsburg geboren wurde. Von den 5 Kindern sind mir 4 namentlich bekannt, und zwar

  • Johann Jacob, *1606 in Cronberg, +1635;
  • Philipp Wilhelm, *1611;
  • Anna Catharina; verheiratet mit einem Statius Knebel; ist dies jener Statius Knebel der im Jahre 1635 das Buch geschrieben hat (nächste Seite)?
  • Anna Elisabeth;
  • plus 1 Schwester deren Name mir unbekannt ist

Dr. jur. Nicolaus von Otthera war Syndikus der Burg Friedberg und hessisch darmstädtischer Rat und Vizekanzler zu Gießen und Marburg. Nicolaus starb 1625.

Johann Jacob von Otthera kam am 23.August 1606 in Cronberg zur Welt. Der junge Doktor beider Rechten, starb am 27. Juli 1635 an der Pest und wurde in Marburg bestattet. Der „Ottrauer Epitaph“ erinnert an ihn und seine Verlobung 1635 mit Anna Cassandra, der Tochter des Solmsischen Rats und Amtmannes Joh. Ludwig Greve.

Die Spuren von Philipp Wilhelm von Otthera (geboren 1611) verlieren sich ab 1630).

Buch von Statius Knebel; 1635
Buch von Statius Knebel; 1635
Epitaph for Johann Jacob von Otteraw *1606, +1635. Butzbach Museum.
self-made @ Museum für Sepulkralkultur, Kassel
Epitaph for Johann Jacob von Otteraw *1606, +1635. Butzbach Museum. self-made @ Museum für Sepulkralkultur, Kassel

3.6. Die Grabsteine von Butzbach

Christopherus ab Otthera
Jacobus von Ottra
Johannes Henricus ab Ottra

3.7. Das Otterauische Gut

Im Jahr 1404 wird das Oppenheimer Kloster Mariacron zum ersten Mal erwähnt. Zu dem Kloster gehörten auch 16 Morgen Land in Guntersblum, die erst an hiesige Einwohner und bis Mitte des 16. Jahrhunderts an diverse andere Personen verpachtet wurden.

Im 16. Jahrhundert wurde ein Verkauf des Grundstückes an einen Juristen namens Christoph von Otthera (siehe auch oben) dokumentiert. Der aus Mühlhausen in Thüringen stammende Mann ließ sich fortan in der Nachbarstadt Oppenheim nieder, wo er im Dezember 1563 starb. Seit dieser Zeit trägt das Gut seinen Namen.

Dabei führte bereits ab 1558 der Guntersblumer Gerichtsschreiber das Gut als Besitzer. In dieser Zeit wurde auch an dem Torbogen zur heutigen Einfahrt zum Schlossgut Schmitt die Jahreszahl 1561 eingemeißelt. Dies deutet auf eine starke Bautätigkeit auf dem damals sehr großen Gelände im Guntersblumer Ortskern hin.

Nach dem Tod von Christoph von Otthera ging sein Besitz nun an seinen Sohn Jacob von Otthera, der ebenfalls Jurist war. Dieser starb Ende März 1613 als pensionierter fürstlich hessischer Amtmann der Herrschaft Eppstein. Nach Vererbung des Grundstückes an seine Nachkommen wurde das Grundstück nach dem Dreißigjährigen Krieg (1648) an Adam Sachs, Stadian Weisser und Niclas Adam Greuel verpachtet. Als sie gestorben waren, bestellte Greuels Sohn Caspar das komplette Gut allein. Die damalige Lage des Grundstückes, wo heute das Anwesen des Neuen Schlosses zu finden ist, wird als begrenzt von dem Guntersblumer Rathaus in der Rathausgasse (heute Hauptstraße), in Richtung Worms teilweise von der Rathausnebengasse (heute Geißenmarkt) und verschiedenen Höfen, nach Oppenheim hin von dutzenden Haus- und Hofplätzen sowie zum Rhein durch den Dorfgraben beschrieben. Einziges Gebäude soll dabei eine Scheune gewesen sein. Dies gründete wohl auf den Folgen des Dreißigjährigen Krieges.

Anfang des 18. Jahrhunderts, im Jahr 1707, wurde schließlich der Platzmajor Renner von Brandt als Besitzer des Grundstückes dokumentiert. In den folgenden Jahren soll er dann auf dem Grundstück einen Bauernhof mit einem Garten angelegt haben. In den kommenden Jahren muss er in starke finanzielle Schwierigkeiten gekommen sein, so dass sein Grundstück in Guntersblum noch bis nach seinem Tod 1721 bis 1737 während eines andauernden Prozesses gegen ihn von einem Verwalter geführt wurde. Ab 1726 hat ein Philipp Schmidt das Gut verwaltet, der noch 1737 als „otterauischer Hofmann“ bezeichnet wurde.

Im Juli 1737 kaufte dann der gräflichleiningische Rat in Guntersblum, Johann Christian Klotz, von der verwitweten Anna Metta Renner von Brandt, die nun mit Johann Christoph von Kahlden verheiratet war, für 5.000 Gulden das so genannte Otterauische Gut mit allen dazugehörenden Gebäuden (Häuser, Scheunen, Stallungen, Kelterhäuser, dem Hausplatz und Garten).

Ab 1789 wurde auf diesem Anwesen dann das Neue Schloß“ von Guntersblum gebaut.

3.8. Die Otterauische Mühle

Die von Otthera waren nicht nur sehr angesehene Bürger, sondern auch sehr wohlhabend.

Neben dem Otterauischen Gut in Guntersblum gehörten Jacob von Otthera auch einige Hofraiten in Delkenheim (bei Wiesbaden) und eine Mühle in Münster (Stadtteil von Butzbach), die heutige „Loch’sche Mühle“ bzw. „Lochmühle“.

Jahrhundertelang hieß diese Mühle „Otterauische Mühle“ und bis 1860 „Oderauische“ bzw. Oderauer Mühle“.

Von Cherubino - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=40887193

3.9. Die thüringische Linie

Die thüringische Linie geht weiter mit Wilhelm von Otthera.

Wilhelm von Otthera wurde im Jahre 1526 als Sohn von Johann von Otthera und dessen Ehefrau Katharina Dorothea, geb. Ziegler, geboren. Er heiratete 1556 in erster Ehe Agnes Bonath (1540-1586) und hatte mit ihr die Kinder Lucas von Otthera (*1569 in Mühlhausen, +1606 in Mühlhausen), Catharina (*1571 in Mühlhausen) und Hans Wilhelm von Otthera (*1573 in Mühlhausen, +1614 in Mühlhausen). In zweiter Ehe war Wilhelm mit Katharina Helmsdorf verheiratet. Er starb 1600 in Arnstadt.

Ein Wilhelm von Otthera wird auch in einer Urkunde vom 21. Juni 1599 aufgeführt (HStAM Bestand Urk. 76 Nr. 2761):

Wilhelm von Otthera, Erasmus (Aszmus) Ziegler und Hans Karl (Carl) bestätigen in Vormundschaft für Barbara Röhling und deren namentlich genannte Kinder die Belehnung mit 22 Acker bei Allendorf (Allendorff bey denn Soden) [Ortsteil der Gem. Bad Sooden-Allendorf, Werra-Meißner-Krs.] und dreieinhalb Acker bei dem See-Rain (Seherein) [Flurname bei Bad Sooden-Allendorf, Werra-Meißner-Krs.] durch Maximilian [III. Erzherzog von Vorderösterreich], kaiserlicher Kommissar des Klosters Fulda. Lehenbrief inseriert. Siegelankündigung.“

Aus der Ehe von Lucas von Otthera (1569-1606) und Maria von Elxleben (1570-1637) entstammen die Kinder Ernst Adolf von Otthera, Anna Elisabeth Grabe, geb. von Otthera und Johann Georg von Otthera.

Aus der Ehe von Anna Elisabeth von Otthera und Liborius Grabe (Kaufmann in Mühlhausen und Weißensee) gingen Johann Andreas Grabe und Martin Sylvester Grabe hervor.

Der Mediziner Johann Andreas Grabe erblickte 1625 das Licht der Welt und starb am 13. Mai 1669. Er war 1658 Stadt- und Landphysicus von Erfurt und promovierte auch in diesem Jahr in Gießen. 1668 war er Stadtphysicus in Mühlhausen und unter anderem auch Leibarzt von Ernst I.

Sein Bruder Martin Sylvester Grabe, geboren am 28. April 1627 in Weißensee und gestorben am 23. November 1686 in Kolberg war ein lutherischer Theologe und Generalsuperintendant in Pommern.

Ein Sohn von M. S. Grabe war der Bibliothekar und Dr. der Medizin Sylvester Grabe (geb. 14. Juli 1647 in Königsberg; gest. 5. Dezember 1727 ebenda): Sylvester war auch königlicher Rat und Leibarzt.

Ein weiterer Sohn war Johannes Ernst Grabe (geb. 10 Juli 1666 in Königsberg; gestorben 3. November 1711 in Oxford). Johannes Ernst war deutscher lutherischer Theologe und ab 1697 anglikanischer Theologe. Im zu Ehren findet man in der Westminster Abbey ein Denkmal aus Alabaster.

J. E. Grabe: Bild; Denkmal in der Westminster Abbey (von Francis Bird; 1667-1731) Quelle: Wikipedia

Ernst Adolf von Otthera (*1591 in Mühlhausen, *1659 in Weißensee) heiratete am 12 Oktober 1623 Rebecca Zellmann (*1593, +2.9.1638). Die Kinder aus dieser Beziehung waren:

    • Dorothea Maria Reichenbach, geb. von Otthera, *1624 in Weißensee, +1666;
    • Rebecca, *1626 in Weißensee, +1627 in Weißensee,
    • Juliane Sybille, *1628 in Weißensee, +1628 in Mühlhausen,
    • Hans Ernst, *1630 in Weißensee, +1631 in Weißensee,
    • Euphrosina, *1632 in Weißensee, +1657 in Großgottern und
    • Anna Elisabeth, *1637 in Weißensee, +1638 in Weißensee und
    • ?

In zweiter Ehe (Trauung am 10.2.1640) heiratete er Sophia Schlegel, die Tochter des Superintendenten Martin Schlegel, mit ihr hatte er die Kinder:

    • Ernst Zacharias
    • Wenzeslaus Erhardt
    • Christine Magdalena
    • Anna Sophie
    • Anna Elisabeth und
    • Martha Christina

Ernst Adolf war seit 1622 juristischer Verwalter des Deutschen Ordens zu Weißensee.

Der jüngere Bruder von Ernst Adolf, Johann Georg von Otthera (*1594 in Mühlhausen, +1653 in Mühlhausen), heiratete Ursula Ellinger, geb. Schroeter: Das mir bekannte Kind aus dieser Ehe war Hans Georg von Otthera (*1624 in Mühlhausen).

Hans Georg von Otthera hatte mit seiner Ehefrau Catharina Magdalena von Hirschbach mindestens 4 Kinder. Namentlich bekannt sind

    • Johann Zacharias von Otthera (1653-?),
    • Martha Christina (*1658 in Mühlhausen),
    • Anna Catharina Ziegler, geb. von Otthera (1655-?) und
    • Johann Heinrich von Otthera (1665-1666)

3.10. Die schlesische Linie

Begründer der schlesischen Linie war Adolar (Adolarus Otterer, geboren 1482 in Erfurt), Sohn des Cord von Otthera und dessen zweiten Ehefrau Katharina Ziegler. Adolar hatte mit Anna Emmerich, Tochter des Bürgermeisters Georg Emmerich, die Kinder Martin, Andreas, Gottfried, Paul und Anna. Er wird im Jahr 1519 als Bürger von Goerlitz geführt.

Die Kinder von Andreas hießen Wenzeslaus, Friedrich (blieb kinderlos), Ursula und Sabine.

Wenzeslaus (Wenzel Otter) wurde am 24. September 1552 in Leobschütz geboren und starb am 7. Oktober 1614. In diesem Jahr wird er als Bürgermeister zu Schweidnitz aufgeführt. Er erhielt am 22. November 1589 als Ratsherr bei seiner Nobilitierung ein Wappen mit einem Fischotter. Am 6. Juli 1609 wird der Adelstitel von Otterau/Ottheraw/Otterus auch auf seine Stiefsöhne, Johann und Christoph Ortlob, übertragen. Wenceslaus muss auch einen Sohn mit dem Namen Gottfried und zwei Töchter mit den Namen Maria und Anna gehabt haben.

Maria Reipricht, geborene von Otthera (ca. 1593) war mit Balthasar Reipricht (geb. 1588 in Schweidnitz) verheiratet.

Anna Otter, Tochter von Wenzel Otter, war mit Zacharias Scherffer von Scherffenstein verheiratet. Aus dieser Ehe entstammte Wenzel Scherffer von Scherffenstein.

Wenzel Scherffer von Scherffenstein, geboren 1598, 1599 oder 1603 in Leobschütz, war ein bekannter deutscher Barockdichter, Übersetzer und Organist. Er starb am 27. August 1674 in Brieg.

3.11. Weitere von Otthera

Am 30 Januar 1308 wird ein Gunther von Ottrau in zwei Urkunden (HStAM, Bestand Urk. 31 Nr. 49 und HStAM, Bestand Urk. 31 Nr. 50, Güterverkauf an das Stift Immichenhain) erwähnt

1408 hat sich ein Ottra in der Erfurter Universität eingeschrieben

1448; Heinrich von Ottra; Urkunde vom 4. April 1448

Fritzlar. – Johannes Kynhain, Kanoniker zu St. Peter in Fritzlar, schreibt einem nicht genannten, daß der Graf Johann von Ziegenhain für die Parochialkirche in Raunethal den Presbyter Heinrich von Ottra präsentiert habe. Dafür soll Herr Konrad den Altar der H. Maria und des H. Jodocus in der Pfarrkirche zu Neukirchen erhalten. Der Graf sei aber nicht berechtigt zur Präsentation, wohl aber der Erzbischof von Mainz. Es solle daher Aufschub des Investiturtermins um einen Monat bewirkt werden. Siegel des Briefschreibers.“

Urkunde Landgrafen-Regesten online Nr. 14870 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/14870> (Stand: 11.03.2019)

Es ist nicht eindeutig zuzuordnen, dass es sich hierbei um den Vater von Cord von Otthera (1440-1493) handelt.

1491; In einer alten Urkunde vom 4.12.1491 gibt es noch einen Johann von Otthera. War das ein Bruder von Cord und Onkel von Dr. Johann von Otthera?

Laut Erfurter Wappenbuch; Teil 1, Tafel 72, hatte ein Hans von Milwitz zum Würtzgarten (1469-1517) mit seiner Frau Else von Sachsen (+1495) eine Tochter, die einen von Ottera geheiratet hat (gestorben vor 1551); 5 Generationen später gab es auch einen Hans Christoph von Milwitz (1640-1693) mit einem Schwiegersohn von Ottera.

Ein von Otthera war mit einer von Worbis verheiratet mit den gemeinsamen Kindern Barbara (*1558 in Marburg), Jacob (*1560 in Marburg) und Rudolf (*1562 in Marburg).

Anna Elisabeth von Otthera, (*1589 in Mühlhausen, +1641 in Nordhausen) wird in Unterlagen als Kind von Otthera und Elxleben aufgeführt.

Eine Anna Maria von Ottera wird als Tochter von Rudolf von Ottera (Kurpfälzischer Oberschultheiß; heiratete 1581 in Oppenheim Apolonia Druhlaub, bzw. die Tochter des Stadtschreibers Nikolaus Druckland) in Nierstein erwähnt. Anna Maria heiratete 1605 in Alsfeld in erster Ehe Dr. jur. Justus Eckhardt und im Jahre 1619 in zweiter Ehe einen Ludwig Selzer.

„Die Ahnen berühmter Wormsgauer“; hier: Ahnenliste, Seite 72, Pos. 54;
Dr. Karl Heinz Armknecht; Worms; Rathenaustr. 4
„Die Ahnen berühmter Wormsgauer“; hier: Ahnenliste, Seite 72, Pos. 54; Dr. Karl Heinz Armknecht; Worms; Rathenaustr. 4

Der Bruder von Rudolf, Adolf von Otthera, heiratete am 12.06.1604 Ursula Rulmann (Tochter des Bürgermeisters von Oppenheim) und hatte mit ihr die Kinder:

  • Elisabeth
  • Hans Wolf
  • Hans Konrad
  • Bartholomäus
  • Christina und
  • Anna Clara

Adolf wurde 1621/1622 als kaiserlicher Zöllner in Oppenheim geführt, auch wird er als Bürger und Holzhändler gelistet. Er starb 13.9.1631.

Rudolf und Adolf waren Söhne von Christoph von Otthera (1517-1563), dem Begründer der hessischen Linie

Eine Anna Sophie von Otthera (*1649 in Weißensee, +1719 in Heldrungen) war Kind von einem von Otthera und einer Frau Schlegel.

3.12. Quellen

Lebensbeschreibung von Fritz Dreiheller; „Johann von Otthera – Der Retter der thüringischen Stadt Mühlhausen im Bauernkriege“; 1970; Verlag Ludwig Appel & Sohn; Hamburg (ich konnte ein Buch über das Internet käuflich erwerben).

Arbeitsgemeinschaft für Mitteldeutsche Familienforschung

Internet: „wikipedia“ und Ahnenforschung online (ancestry; myheritage; genealogie)

Dr. Dieter Wolf; Museum Butzbach; unter Anderem: Butzbacher Geschichtsblätter, Berichte von Gerrit Giebermann über die Familie von Otthera in Butzbach

4. Weitere Informationen zu Carl Sigismund Bernhardi

4.1. Bruder

Bei Recherchen über Carl Sigismund Bernhardi bin ich auch auf dessen älteren Bruder Albrecht Reinhard Bernhardi aufmerksam geworden. Albrecht Reinhard wurde 1797 in Ottrau geboren und starb im Jahre 1849. Er war ein deutscher Geologe und arbeitete als Professor an der Forstakademie in Dreißigacker bei Meiningen. 1832 vertrat er in einem Aufsatz die These, dass Findlinge und Moränen, die in Norddeutschland zu finden sind, Reste einer früheren Eiszeit („Eiszeit Theorie“) waren und ebenso nahm er an, dass auch die Alpengletscher sich früher weiter ausdehnten. Aus diesem Grund sind ihm zu Ehren die „Bernhardi Heights“ benannt, ein Gebirgszug im ostantarktischen Coatsland.

4.2. weitere Familienmitglieder

Carl Sigismund hatte auch eine 4 Jahre ältere Schwester, die am 17. Dezember 1854 in Marburg starb und mit einem Amtmann mit Namen Schirmer verheiratet war.

Die Ehefrau von Carl Sigismund war Ida Engelhard, die 1813 in Kassel geboren wurde. Aus dieser Ehe stammten die Kinder

    • Karoline Bernhardi, *1841 in Kassel, +1910 in Kassel
    • Wilhelmine Bernhardi, * 1845 in Kassel, +1915 in Kassel
    • Heinrich Bernhardi, *27.09.1848 in Kassel, +11.07.1927 in Leipzig
    • Auguste Bernhardi, *1851 in Kassel, +1922 in Kassel

Sohn Heinrich war Reichsgerichtsrat. Dieser heiratete am 27.12.1873 in England Edith Woosnam (*21.03.1851 in England, +04.02.1928 in Leipzig) und hatte mit ihr die Kinder

    • Annie Ida Franziska Bernhardi, *1874 in Naugard, Pommern, +1896 in Schweisberg
    • Arnold Karl Gustav Bernhardi, *1877 in Naugard, Pommern, +nach 1929
    • Max Adolf Bernhardi, *1878 in Melsungen, +1899 in Göttingen
    • Hermann Engelhard Bernhardi, *1882 in Melsungen, +nach 1931
    • Nelly Elle Antoinette Bernhardi, *1887 in Altona, +nach 1945

4.2. Lebenserinnerungen von Carl Bernhardi

Im Jahre 1863 schrieb Carl Bernhardi seine Lebenserinnerungen auf, nachzulesen im Internet über folgenden Link:

Lebenserinnerungen; Dr. Carl Bernhardi; Berlin 1863
http://fuldig.hs-fulda.de/viewer/resolver?urn=urn:nbn:de:hebis:66:fuldig-2653951

Er beschreibt den Durchmarsch von 4 preußischen Regimentern und Artillerie im Winter 1805/1806 durch Ottrau, dabei lernte die Pfarrerfamilie Bernhardi fast alle Offiziere persönlich kennen. Groß war deshalb die Trauer, als sie später in der Zeitung die ihnen bekannten Namen vieler gefallener Offiziere lesen mussten.

Aufgeführt werden auch die Zöglinge seines Vaters, des Ottrauer Pfarrers Bernhardi, so zum Beispiel von 1793 bis 1800 der Knabe Julius von Haynau, der dann als österreichischer Feldzeugmeister Bekanntheit erlangte. Der General Julius von Haynau wurde am 14. Oktober in Kassel als Sohn des späteren Kurfürsten Wilhelm I. von Hessen-Kassel geboren und bekam während seiner Dienstzeit sehr viele Auszeichnungen und Orden.

 

Österreichische Medaille o. J. von Gottfried Drentwett zu Ehren von J. von Haynau 1849, Vorderseite.

Später kam auch dessen Bruder Moritz von Haynau und ab 1810 die Söhne des „westphälischen Oberstallmeisters von Gilsa zu Kassel“ ins Pfarrhaus Bernhardi.

Altes Pfarrhaus; gebaut 1670; später Dietz, heute Schüssler Im Querbalken stand: „Condidit Ottra suis urbi plantati bus ades. Cum Berffis inibi non sine laude novas”. Übersetzt: „Erbaut hat Ottrau den Männern die ihm das Wort Gottes pflanzten zusammen mit den Berfern an dieser Stelle nicht ohne Lob ein neues Haus“.

Zum ältesten Sohn der Lehrerfamilie Röth findet Carl in Ottrau einen Freund für das Leben.

Carls Berufswunsch als Jugendlicher war Soldat oder Professor. Da er sich nicht entscheiden konnte schrieb er 3 Lose: „Soldat“, Professor“ und „Abwarten“. Gezogen hatte er glücklicherweise das Los mit der Aufschrift „Abwarten“ aus seiner Mütze!

Sprachkarte von Deutschland; Karl Bernhardi; 1843

5. Der Krieger und Militärverein

Arthur Berg und Klaus Krey haben mir ein Protokollheft des Kriegervereins zum einscannen zur Verfügung gestellt:

„Nach 2 vergeblichen Versammlungen bei Herrn Gastwirt Knoch und in der Gastwirtschaft bei Witwe Stumpf am 16. Juni gelang es endlich den Krieger- und Militärverein zu Ottrau am 23. Juni 1912 mit 23 anwesenden Mitgliedern in der Gastwirtschaft zum Bahnhof bei Herrn Konrad Schreiner zu gründen“.

Dabei wurde folgender Vorstand gewählt:

    • Vorsitzender Förster Bätz, Stellvertreter Johannes Kurz
    • Schriftführer Johann Heinrich Gischler, Stellvertreter Johann Jost Krey I
    • Kassierer Werner Martin, Stellvertreter Konrad Pietsch“

Der Versammlungsort wechselte zwischen den 3 oben aufgeführten Gastwirtschaften.

Der letzte Eintrag in diesem Protokollheft ist vom 18. Dezember 1921.

1. Seite aus dem Protokollheft des Kriegervereins

Folgend einige Highlights aus dem Protokollheft:

4. August 1912

Anschaffung von Gewehren und Bildung einer Gewehrfraktion.

Die Anschaffung der Gewehre wurde durch Abstimmung mit 24 gegen 5 Stimmen beschlossen mithin mit 24 Stimmen angenommen.

22. Dezember 1912

Vorlesung des Vorsitzenden des Bescheids vom Artillerieregent betreffs: der Gewehre und Patronen. Es wurde dem Verein mitgeteilt, dass das Gewehrmodell 88 nicht geliefert werden könne. Dementsprechend wurde in der heutigen Sitzung einstimmig beschlossen 8 Gewehre Modell 71/84 zu bestellen; einschließlich 500 Stück Patronen.

Besprechung über Kaisers Geburtstagsfeier

Die Geburtstagsfeier Seiner Majestät soll am 02. Februar durch Theateraufführungen und Tanz gefeiert werden. Es kommen folgende Theaterstücke zur Aufführung:

1. Hans Huckebein

2. Der Rekrut in der Wurstkammer.

3. Johann Päsel

Am 27. Januar wird ein Tanz abgehalten. Anschließend gemeinschaftliches Beisammen sein.

10. März 1913

Am 25. März 1913 werden die Arbeiten am Scheibenstand vorgenommen. Nach Schluss der Arbeit wird zum Andenken an die alte Bonifatiuseiche eine neue Eiche in den alten Stock gepflanzt.

18. Oktober 1913

Abends 6 Uhr begann die Feier der hundertjährigen Wiederkehr der Völkerschlacht bei Leipzig. Der Kriegerverein und der Gesangverein versammelten sich bei ihrem Vereinslokal und wurden geschlossen auf die Bilz geführt wo dortselbst eine Gedächtniseiche unter Beisein Ortsvorstandes, der Gemeindevertretung, des Ortspfarrers, der Schule und der Gemeindemitglieder gepflanzt wurde.

Der Festzug, welcher auf der Bilz Aufstellung nahm, marschiert mit Fackeln und Lampions durch das Dorf auf den Pfaffenbusch, woselbst ein großes Freudenfeuer brannte. Beim Feuer angekommen hielt der Ortspfarrer eine ergreifende Ansprache.

Die Unkosten beim Festzug wurden von der Gemeinde bezahlt.

Nach Rückkehr vom Feuer fand ein Kommers statt.

30. Januar 1915

Es waren anwesend 9 Mitglieder

Beschlussfassung: Die Gewehre des Vereins sind an die königliche Feldzeugmeisterei zu Berlin S.O.66 sichergemäß verpackt zur Verfügung zu stellen.

Die vorhandenen Patronen sind an das Artilleriedepot zu Kassel zu senden. Auf jedes Entgelt verzichtet der Verein einstimmig zugunsten der Vaterlandsverteidigung

1. August 1915

Ehrung, des auf dem Felde der Ehre fürs Vaterland gefallenen Kameraden Heinrich Degen-hardt durch Erhebung von den Sitzen.

Verlesung von Briefen vom voranerwähnten Degenhardt und von dem ebenfalls fürs Vater-land gefallenen Johann Jost Stein, welche an Herrn Karl Hechner zu Hamburg während des Feldzuges von diesen geschrieben waren. Die Briefe sollen vom Verein verwahrt werden.

7. März 1920

Am heutigen Abend fand eine Begrüßungsfeier unserer gefangenen Kameraden in dem Stumpfschen Saale statt.

Mit dem Gesang des Liedes: „Nun danket alle Gott“, leitete der Vorsitzende die Feier ein. Hierauf ergriff der Vorsitzende das Wort zu einer Begrüßungsansprache. Auch gedachte er unserer lieben Gefallenen und Vermissten. Eine ernste Feier. Aller Augen sind auf den Vorsitzenden gerichtet, welcher seinen Vortrag auf die Kriegsjahre hinlenkt. Er heißt unseren Gefangenen Kameraden ein Herzlich Willkommen und sie zugleich nun wieder mit zu arbeiten auf den Aufbau unseres darniederliegenden Vaterlandes.

Der Gesangverein „Liederkranz“ beteiligte sich an der Feier durch einige Liedervorträge.

Der Saal war bis zum letzten Platz gefüllt.

Ernste und zugleich heitere Stunden waren es, die wir hier in trautem Kreise verlebten.

Pfarrer Jakob richtete noch einige Worte an die Versammlung, wo nachher dann die schöne Feier ihren Abschluss fand.

21. März 1920

Neuwahl der Vorstandsmitglieder: Es wurden gewählt:

Vorsitzender Johannes Kurz

Stellvertreter Johann Heinrich Martin III.

Schriftführer Johannes Sauer

Stellvertreter Konrad Bernhardt

Kassierer Johannes Jung

Stellvertreter Konrad Schreiber

1. August 1920

Anwesend 18 Mitglieder

Der Vorsitzende eröffnet die Versammlung um 2.30 Uhr Nachmittag.

Ehrung der verstorbenen Kameraden Kriegsveteran Johann Heinrich Höller und Heinrich Merle durch erheben von den Sitzen.

29. August 1920

Anwesend waren 24 Mitglieder

Der Vorsitzende eröffnet die Versammlung um 2.30 Uhr Nachmittag

Der Vorsitzende gab das Einkommen bekannt welches durch freiwillige Gaben gezeichnet ist, für das Denkmal der Gefallenen.

18. Dezember 1921

bei Gastwirt Stumpf Ottrau

Anfang der Versammlung 2.30 Uhr Nachm.

Der Vorsitzende eröffnete die Versammlung und sprach über den Zweck der großen Organisation des Kriegervereinswesens.

Es wurde bekannt gegeben, dass das Kriegerdenkmal von dem Bildhauer Bätz in Altenritte hergestellt werden soll.

Die Kriegsgedenkmütze welche nachbestellt wird, kostet jetzt 15 Mark.

Der Beitrag an den Kreiskriegerbund muss von 1.90 Mark auf 3 Mark erhöht werden.

Erheben der Beiträge

Anwesend waren 22 Mitglieder

Verschiedenes

Schluss der Versammlung 4 Uhr Nachm.

6. Der II. Weltkrieg

U-Boot 374 und Hans Ploch

Unter der Internet Adresse (https://de.wikipedia.org/wiki/U_374#cite_note-7) kann man die Geschichte des U-Bootes U 374 im II. Weltkrieg nachlesen. Einziger Überlebender beim Versenken des deutschen U-Bootes am 12. Januar 1942 war der Ottrauer Hans Ploch:

„…Im Mittelmeer
Gegen Ende des Jahres 1941 passierte U 374 bei einem sogenannten „Gibraltardurchbruch“ am 11. Dezember die stark gesicherte Straße von Gibraltar. In der Nacht des Durchbruchs ging beim Befehlshaber der U-Boote in Kernevel ein Funkspruch ein, laut dem Kommandant von Fischel angab, entdeckt worden zu sein und nun von „vier Zerstörern“ verfolgt zu werden. Bei dieser Gelegenheit bat er um Luftunterstützung – was hinsichtlich der Kräfteverhältnisse in Gibraltar für die Luftwaffe ein wenig erfolgversprechendes Unterfangen gewesen wäre. Kommandant von Fischel entschloss sich nun, die Verfolger seinerseits anzugreifen und konnte anschließend mit U 374 entkommen.

  • 11. Dezember 1941 britischen U-Bootjäger Lady Shirley mit 477 t versenkt

Die Lady Shirley hatte einen Monat zuvor U 111 nach einem couragierten Artilleriegefecht auf kurze Entfernung versenkt.

  • 11. Dezember 1941 britisches Patrouillenboot Rosabelle mit 515 t versenkt

Bis zur Versenkung des Bootes patrouillierte U 374 im Mittelmeer.

Versenkung

Das britische U-Boot HMS Unbeaten befand sich auf seiner 14. Patrouille, als am 12. Januar 1942 südlich Siziliens gegen 10:00 Uhr morgens ein deutsches U-Boot gesichtet wurde. Der britische Kommandant entschloss sich zum sofortigen Angriff und attackierte den Gegner mit einem Torpedofächer aus vier Mark VIII Torpedos, von denen zwei trafen. Obwohl das britische Boot nur vier Meilen vor der feindlichen, italienischen Küste stand, entschloss sich der britische Kommandant, Lieutenant Commander E. A. Woodward, auftauchen zu lassen, um nach Überlebenden zu suchen. Nur ein Besatzungsmitglied von U 374 – der Seemann Hans Ploch, zum Zeitpunkt des Angriffs zur Brückenwache eingeteilt – hatte die Versenkung überlebt und konnte geborgen werden…“

7. Weitere Anekdote

Pfaffenborn

In Ottrau brachte nicht der Storch die Kinder, sondern diese kamen aus dem Pfaffenborn. So sagt man auch heute noch, um den Altersunterschied zu einem Jüngeren darzustellen: „Da warst du noch im Pfaffenborn und hast Holzäpfel gesammelt“!

Plumpsklo

In der Zeit nach dem 2. Weltkrieg waren „Plumpsklos“ noch aktuell, so auch in der Gastwirtschaft Stumpf.

Flüchtling Pforr musste diesem Klo einen Besuch abstatten. Beim Hantieren mit seiner Taschenuhr fiel diese in besagtes Klo.

Pforr hängte daraufhin einen Aushang an die Tür:

„Ich gebe 100 Mark zum Preise

wer mir die Uhr holt aus der Scheisse!“

7. Fehlerteufel

Leider haben sich mindestens 2 Fehler in meinem ersten Buch eingeschlichen:

In der „Weiterführung…“; Seite 25 habe ich die Dienstzeit von Heinz Grein als Bürgermeister falsch angegeben (falsch: 2008-2011): Heinz Grein war von 2005 bis 2011 unser Bürgermeister.

Außerdem habe ich im gleichen Kapitel auf Seite 32 im Absatz 6 einen Pfarrer Heinemann aufgeführt. Das war natürlich Pfarrer Hestermann.